Sag mal Isa, was machst du eigentlich, wenn du schreibst, dass du auf einen Kongress gehst, dass du nachher so müde bist?

Diese Frage hat mir heute morgen eine Kundin gestellt als ich mit Kaffeetasse im Beratungsraum stand. Grund genug euch ausführlich von einem meiner Ausflüge zu berichten:

Logo der Trage Tage 2017

Dieses Wochenende war ich in Wien, wo die Trage Tage stattfanden. Eine Fachtagung für TrageberaterInnen und interessierte Eltern, die jeweils im Wechsel in Dresden (organisiert von der Trageschule Dresden) und in Wien (federführend von der Trageschule Österreich Schweiz (TSÖS) organisiert) stattfindet.

Begonnen hat das Wochenende für mich am Freitag um 4:30 mit einem entspannten Flug nach Wien. Bei Sonnenaufgang in Wien zu landen ist einfach nur traumhaft! Kaum am Veranstaltungsort angekommen traf ich auch schon auf die ersten bekannten Gesichter und damit begann das, was einen großen Teil des Wertes solcher Kongresse ausmacht: das Netzwerken und der Austausch.

Diese Gespräche sind es, aus denen ich so wichtige und lehrreiche Informationen beziehe die ich dann gerne an euch weitergebe.

Bei Kaffee und dank Nachtzug und früher Flugzeit mit dicken Augenringen habe ich von Antje Rudolf und Christiane Jordan, den Powerfrauen hinter Madame Jordan die Neuigkeiten aus Berlin erfahren. Mich mit Antjes Tochter über den bevorstehenden Beginn ihres Studiums unterhalten und  war einfach glücklich angekommen zu sein, Menschen wiederzusehen, die einem in den letzten 6 Jahren immer wieder begegnet sind und immer mehr Platz im Herzen erobert haben.

Buzzidil

Etwas später ist dann noch Berit Kessler von Baby Roo, dem Hersteller des Huckepack dazugestoßen. Themen wie Herstellungskosten, Herstellungsorte und auch Themen wie Margen, Beraterinnenkonditionen und die ganze Arbeit rund um die Produktion von Tragehilfen fanden da Platz. Diese Gespräche sind es, aus denen ich so wichtige und lehrreiche Informationen beziehe, die ich dann gerne an euch weitergebe. Gerade Herstellungsbedingungen sind ja für die eine oder andere von euch immer wieder ein wichtiges Thema.
Der Mittag stand dann ganz im Zeichen des Vereins für gesundes Babytragen, dem Dachverband der österreichischen TrageberaterInnen. Gemeinsam wurden neue Pläne geschmiedet wie man Trageberatung noch bekannter machen könnte. Und ich durfte nach drei intensiven Jahren den Verein in die Hände von Elisabeth Mayr übergeben. Mein Zeitbudget freut sich und mit Elisabeth hat der Verein eine sehr engagierte und fähige neue Obfrau gewonnen.

10 Menschen – 10 Meinungen, da ist es gut, wenn wir als BeraterInnen wissen,
was die Idee hinter den einzelnen Konzepten ist.

Am Nachmittag startete dann endlich die eigentliche Tagung.
Michaela Koblinger erklärte uns sehr ausführlich das Konzept von Rota Therapie. Auch wenn Therapien und Therapiekonzepte für uns BeraterInnen nicht beratungsrelevant sind und die Grenzen einer Beratung sicherlich sprengen, sind diese Vorträge sehr lehrreich und nützlich. 10 Menschen – 10 Meinungen und gerade bei Babys sind Eltern durch die verschiedenen Meinungen gerne verunsichert. Da ist es gut, wenn wir als BeraterInnen wissen, was die Idee hinter den einzelnen Konzepten ist und ein Gefühl entwickeln können, warum es zu Ratschlägen kommen kann, die aus unserer Perspektive und durch unsere Brille nicht auf den ersten Blick nachvollziehbar sind.

Der zweite Vortrag am Freitag Abend wurde von Catharina Huber von Barefoot Austria gehalten. Hinter dem Titel „Vom Tragling zum Läufling“ versteckte sich ein humorvoller Vortrag zum menschlichen Fuß und dem Einfluss den Haltung und (unpassende) Schuhe auf uns und unseren Körper haben können. Ein Vortrag, der mich dermaßen begeistert hat, dass ich Catharina gebeten habe uns in Vorarlberg zu besuchen. Ich freue mich schon sehr auf sie und hoffe, dass wir sehr bald einen Termin finden werden.

Fachsimpeln unter Trageschulenleiterinnen

Wie die meisten von euch Wissen, bin ich ja nicht nur Trageberaterin sondern auch Leiterin von ClauWi Österreich. ClauWi ist eine sogenannte Trageschule, ein Ausbildungsinstitut für Trageberaterinnen, in dem wir motivierte und interessierte Menschen zu TrageberaterInnen ausbilden. Der Abend gehörte deshalb meinen Kolleginnen von anderen Trageschulen, die sehr zahlreich in Wien vertreten waren. Es wurde über Inhalte, über länderspezifische Unterschiede und auch über die Zukunft von Trageberatung heiß diskutiert.

Die Sonne ist schon fast wieder aufgegangen als wir in unsere Betten gekrabbelt sind um uns für den nächsten Kongresstag fit zu machen.

Doulas in Austria

Der Samstag startete mit einem Vortrag von Angelika Rodler über die Arbeit von Doulas. Über den Tellerrand schauen und sich die Arbeit anderer Elternbegleiter anzuschauen ist auch immer wieder ein wichtiger Aspekt der Kongresse. So wissen wir immer, an wen wir euch verweisen können, wenn wir mit unserem Wissen an Grenzen stoßen oder ihr uns Fragen stellt, die wir nicht beantworten können.
Der Vortrag war toll und ich bin wirklich beeindruckt davon, was Doulas (die wir übrigens auch in Vorarlberg haben) leisten. Noch tiefer berührt hat mich aber das Wiedersehen mit Angelika.
Es ist fast 7 Jahre her als ich bei ihr im EKIZ in Graz im Geburtsvorbereitungskurs war und sie mich sehr charmant davon überzeugt hat ein Tragetuch als Option doch zumindest auszuprobieren. Was aus dieser anfänglichen Ablehnung geworden ist, muss ich euch, glaube ich, nicht erzählen.

Ein weiteres Thema am Samstag war Social Media durch Christina Jauk. Bei diesem Thema, das für uns BeraterInnen besonders wichtig ist, freuen wir uns immer wieder sehr über Input. Der Erfolg dieser Vorträge lässt sich dann meistens im Verlauf der restlichen Konferenz beobachten, wenn die Anzahl an Videos, Postings und Hashtags steigt.

Prof. Dr. Joachim Bauer

Am Samstag Nachmittag dann der langersehnte Höhepunkt: Prof. Dr. Joachim Bauer hat uns in die Welt der Spiegelneuronen entführt. Ein Thema von dem ich euch unbedingt in einem eigenen Artikel ausführlich berichten muss. Sein Buch „Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone“* habe ich in einem Stück durchgelesen. Toller Mensch, wichtiges Thema.

 

„ Wir würden gerne mehr produzieren,
aber unser Färber möchte nicht mehr arbeiten.“

Workshop der Firma Hoppediz

Workshop der Firma Hoppediz

Zwischen den Theoretischen Vorträgen gab es immer wieder praktische Inputs und Informationen von Händler. Anna Hoffmann von Didymos spickte ihren Beitrag zu WrapCons mit zahlreichen Anekdoten und sollte sich definitiv eine Karriere als Stand up Comedian überlegen.
Nina Riedler stellte uns die Menschen hinter den Tüchern von Tragehilfen von Girasol vor. Dabei beeindruckte sie unter anderem mit dem Satz „Wir würden gerne mehr produzieren, aber unser Färber möchte nicht mehr arbeiten.“ Ein tolles Beispiel wie freundschaftlich und respektvoll der Umgang von Girasol mit ihren Kunsthandwerkern in Guatemala ist.
Hoppediz verriet Tipps und Kniffe zu ihren neuen Produkten, die wir natürlich 1:1 an euch weitergeben und auch die anderen Hersteller hatten die eine oder andere Neuigkeit im Gepäck und teilten ihre Ideen und Kniffe mit ihren Produkten.
Diese Teile der Veranstaltung sind sicherlich, die von denen ihr am direktesten profitiert. Da kommt unser produktspezifisches Wissen her, das wir an euch weitergeben können, und da platzieren wir auch unsere Erfahrungen und unsere Kritik direkt bei den Herstellern.

Da kommt unser produktspezifisches Wissen her, das wir an euch weitergeben können, und da platzieren wir auch unsere Erfahrungen und unsere Kritik direkt bei den Herstellern.

Am Sonntag musste ich selber ran und teilte mit meinen geschätzten Kolleginnen meine Gedanken zum Wert unserer Arbeit. Ich fühle mich immer sehr geehrt als Referentin geladen zu werden, bin aber auch nach zahlreichen Vorträgen und Referaten noch immer schrecklich nervös. Nach einem geglückten Vortrag fällt da gerne die halbe Kanisfluh von meinen Schultern.

Ein weiteres interessantes Referat am Sonntag kam von Nora de Stahel, einer Schweizer Hebamme, die uns Inputs zum Umgang mit Neugeborenen gab.  Sie hatte einige gute Ideen und Tipps wie man auch die ganz kleinen auf den Rücken bekommen kann und stellte eine sehr gute Verbindung zwischen Anatomie des Tragenden und Anatomie des Kindes her. Über diesen Vortrag muss ich definitiv nochmal nachdenken.

Der Abschluss war mein persönliches Highlight. Eine Weltreise zu den verschiedensten Völker dieser Erde, ihren Ideen zu Babys, zum Tragen und zu Familienstrukturen im Allgemeinen. Gehalten von der Ethnologin Sabina Zahn. Augen öffnend, zum Nachdenken anregend und einfach nur toll.
Viele Wege führen nach Rom und wichtig ist nur, dass wir unseren Weg finden, der zu uns passt.

Workshop von Buzzidil

Ganz schön lang geworden diese Reise an die Trage Tage.
Aber ihr seht so eine Tagung ist sehr vielfältig und sehr abwechslungsreich.
Ich nehme jeweils auf ganz vielen Ebenen ganz viel mit:
Hintergrundwissen für mich, praktisches Wissen für euch, Inputs zum Nachdenken, Ideen zum Weiterdenken und vor allem auch ganz viel Lust und Freude weiterzuarbeiten und weiter euch und eure Kleinen durch die Zeit zu begleiten.
Das ist auch der Grund, warum wir nach Möglichkeit diese Anlässe besuchen und dafür auch gerne einige Tage zusperren und für euch nicht so gut erreichbar sind. Der Nutzen überwiegt für uns ganz deutlich.

Liebe Grüße
Isabelle

P.S. Den KollegInnen, die auch da waren und den Vortrag von Gunter Nowak-Wohralik in meinem Bericht vermissen, gestehe ich, ich habe geschwänzt und einen Kaffee vorgezogen. Die Nacht war zu kurz, die Anspannung nach dem eigenen Beitrag weg und die Gelegenheit mit Andrea einige geschäftliche Dinge zu besprechen zu günstig.